Stand- und Bruchsicherheitsgutachten
In Fällen, in denen eine visuelle Begutachtung nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen führt, kann es notwendig werden, den Baum eingehend mittels technischen Methoden zu untersuchen, um Schlüsse über die Bruch- und Standfestigkeit zu ziehen. Hierfür stehen verschiedenen Verfahren zur Verfügung, die je nach Anforderung und Situation zum Einsatz gebracht werden.
Verfahren zur Begutachtung
Die meist verwendeten Methoden sind die Schalltomographie, die Durchführung eines Zugversuchs und die Bohrwiderstandsmessung.
Je nach Fragestellung und Situation muss dann abgewogen werden, welche dieser Methoden die in diesem Fall aussagekräftigsten Schlüsse zulässt.
Schalltomographie
Bei der Schalltomographie werden Schallimpulse durch den Holzkörper geschickt. Breitet sich Schall im Holz aus, spricht man von so genannten Stoß- oder Körperschallwellen. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Körperschallwellen hängt von der Dichte und des Elastizitätsmoduls und damit von Feuchte, Temperatur, Qualität und Zustand des Holzes ab, sowie von der Frequenz der Wellen.
Zur Messung werden Nägel durch die Rinde in das Holz gesetzt und an denen Sensoren gekoppelt sind. Man geht davon aus, dass sich durch Schäden im Holz, die Laufzeiten verändern, das heißt verlangsamen und so ein Defekt angezeigt werden kann.
Zugversuch
Der Zugversuch ist eine eingehendere Untersuchungsmethode, um die Stand- und Bruchsicherheit eines Baumes zu bestimmen. Diese sogenannte Elasto- / Inclino-Methode wurde in den 1990er Jahren unter Leitung von Dr. Ing. Lothar Wessolly an der Universität Stuttgart entwickelt.
Es wird unter der Berücksichtigung von Windlastannahmen mittels einer Zugeinrichtung eine definierte Windlast in die Krone eingeleitet. Zur Ermittlung der Last, die auf die Krone wirkt, wird der Seilwinkel und die Seillänge sowie die Anbringhöhe eingemessen.
Mittels Greifzug und Stahlseil wird der zu untersuchende Baum gezogen.
Um Verletzungen zu vermeiden, wird das Kambium durch Kunststoffschlaufen geschützt. Ein Dynamometer am Greifzug misst die Kraft, mit der der Baum gezogen wird. Diese Kraft stellt die Ersatzlast für den Wind dar. Ein weiteres Messgerät (ein Inclinometer) am Stammfuß ermittelt die Neigung des Baumes während des Zugversuchs.
Die ermittelten Werte werden über ein Computerprogramm ausgewertet. Dabei werden die Neigungswerte rechnerisch ins Verhältnis gesetzt mit der eingebrachten Kraft. Das Verhalten des Baumes bei großem Lasteintrag, z.B. bei einem Orkan, kann daraus abgeleitet werden. Durch vielfältige Untersuchungen wurde wissenschaftlich ermittelt, dass Bäume bei ca. 2,5° Neigung am Stammfuß zu kippen beginnen. Bei den Messungen wird der Baum nur so stark gezogen, dass die Neigung im 0,01°-Bereich stattfindet. Der Zugversuch stellt also keine Gefährdung dar. Die Messinstrumente werden mit Nadeln in der Borke befestigt. Die Untersuchung verläuft somit für den Baum verletzungsfrei. Hat der Baum Schadstellen, wird die Bruchsicherheit durch das Anbringen von Elastometern gemessen. Durch entsprechende Umrechnungen kann ermittelt werden, ob der Baum auch im Orkan bruchsicher ist.
Durch wissenschaftliche Untersuchungen wurde das Verhalten grüner Hölzer ermittelt. Die Grenzdehnungen - d.h. die maximalen Dehnungen, bevor es zum Bruch kommt - der verschiedenen Baumarten sind somit bekannt.
Die baumstatische Auswertung des Zugversuchs und eine Begutachtung des Baumumfelds ermöglichen eine konkrete Aussage über die Vitalität, die Sicherheit und die Entwicklung des Baumes.
Bohrwiderstandsmessung
Bei der Messung des Bohrwiderstandes wird eine Bohrnadel mit gleichmäßigem Vorschub in das Holz gedrückt. Während des Bohrvorgangs wird die dafür erforderliche Energie in Abhängigkeit zur Eindringtiefe der Nadel gemessen. Der Bohrwiderstand wird bei Durchführung einer Messung direkt auf die Nadel übertragen und aufgezeichnet. Als Messergebnis erhält man eine Bohrkurve.
Bohrwiderstandsprofile weisen Schwankungen in der Aufzeichnung auf, wenn die Nadel auf nicht mehr intaktes Holz trifft nimmt der Widerstand ab, die Kurve fällt. Wenn ein Messprofil nicht eindeutig auszuwerten ist, kann eine Referenzbohrung (vorzugsweise am gleichen Baum) ausgeführt werden, um die Bedeutung der relativen Schwankungen besser einschätzen zu können.
Mit dieser Methode lassen sich Strukturen, innere Defekte oder Restwandstärken von Bäumen und Hölzern feststellen. Es bedarf jedoch viel Erfahrung, die erzeugte Messkurve richtig zu interpretieren. Durch unterschiedliche Bohrwiderstände wird nicht nur die Amplitude bestimmt, sondern auch unterschiedlich viel Druck auf die Bohrnadel ausgeübt. Geringe Abweichungen der Eigenschaften sowie Dichteunterschiede (Früh-/Spätholz) werden erkannt. Auch Abschottungszonen können erkannt werden, dies ermöglicht eine Beurteilung der Ausbreitungstendenz von pilzbedingtem Holzabbau einerseits und äußerem Jahrringzuwachs andererseits.
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